Harz-Weser-Kurse für Menschen mit Behinderungen

Rolf-Dieter Spann war von 2002 bis 2015 freiberuflich als Referent für Fort- und Weiterbildung bei den Harz-Weser-Werkstätten in Dassel tätig. In verschiedenen Kursen versuchte er Menschen mit Behinderungen zu fördern. Die Kursangebote haben mehrfach dem jeweiligen Bedarf angepasst gewechselt.
 

Kommunikationskurs "Diskutieren über Gott und die Welt"

In diesem Kurs soll die sprachliche Kompetenz der Teilnehmer verbessert werden. Bildung und Meinungsbildung zu den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens werden gefördert. Das Sozialverhalten auch bei kontroversen Themen wird trainiert.

Im Zuge der wöchentlichen Gruppentreffen lesen, kommentieren und bewerten wir die politischen Entwicklungen und Ereignisse aus Sport, Kultur und Religion.

Mehrmals im Jahr führen wir Exkursionen durch. Ziele waren bisher z.B. historische Grabungsstätten im Solling (Schmeessen, Nienover, Winnefeld), die Wilhelm-Busch-Mühle in Ebergötzen, das Wilhelm-Busch-Dorf Lüthorst, die KZ-Gedenkstätte in Moringen, das Grenzland-Museum im Eichsfeld, DDR-Museum und Motorradmuseum in Wickensen, das Hugenottenmuseum in Bad Karlshafen, Das Fahrrad-Museum in Einbeck, das Museum Grafschaft Dassel, Kunstausstellungen im Rathaus Dassel u.a.

 

• Kurs für kreatives Schreiben "Spannungsbogen"

Schreiben kreativer Texte zwecks Erweiterung der sprachlichen Kompetenz mit der Befähigung zur freien Rede; Poesietherapie, Sammlung und Herausgabe von Büchern (Gemeinschaftsprojekt Krimi: "Nur ein kleiner Fall", Anthologie: "Regenbogengedichte und Geschichten", Raptexte und Gedichte: "Herzblut" von Issa Slim)

In diesem Kurs wurden auch Versuche gestartet, ein Hörspiel zu gestalten. Wegen häufiger Wechsel aus gesundheitlichen Gründen musste das Vorhaben aber wieder aufgegeben werden.

 

• Alphabetisierungskurs "Lesen macht spaß"

Leseübungen von Anfang an, Artikulation, sinngemäße Betonung.

 

• Wanderkurs "Wandern und Kultur"

Erwandern von kulturell interessanten Orten, Vermittlung von Wissen über Geschichte, Natur und ökologische Zusammenhänge.

 

• Geschichtskurs "Ritter, Burgen und Schlösser – Zeitreise in die Vergangenheit"

Das Leben in der Region im Spiegel der Geschichte. Besichtigungen und theoretische Betrachtungen der Kulturgeschichte. In der Gruppe wurden Themen wie die Geschichte der Hygiene, die Geschichte der Feuerwehr, das Leben auf mittelalterlichen Burgen, die Geschichte der Stadt Dassel und des ausgestorbenen Grafengeschlechtes u.a. erarbeitet.

 

• Kochkurs "Rolfs Koch- und Backkurs"

Wer aus gesundheitlichen Gründen als Mensch mit speziellen Handicaps das Kochen nicht zu Hause bei der Mutter gelernt hat, hat erhebliche Probleme, wenn er/sie einen eigenen Haushalt führen möchte. Bei vielen Beschäftigten der Harz-Weser-Werkstätten in Dassel beginnt die Schwierigkeit aber schon im Vorfeld. Viele haben es nur bedingt oder nicht gelernt zu lesen, zu schreiben oder zu rechnen. Die Kurse, die Rolf-Dieter Spann durchführt, beginnen deshalb bereits mit dem Einkauf.

Die Vielzahl ähnlicher Produkte im Supermarkt macht es der erfahrenen Hausfrau schon schwer, vernünftig auszuwählen, Inhaltstoffe, Herstellungsverfahren, gesundheitliche Gefahren zu erkennen und Preise zu vergleichen. Spann macht seine Kochschüler beim gemeinsamen Einkauf darauf aufmerksam, wo die preiswerteren Produkte platziert sind, was aus ökologischer Sicht sinnvoll ist, wie man Preise unterschiedlicher Packungsgrößen und Fabrikate miteinander vergleichen kann. 

Kochen ist, wie das spätere gemeinsame Essen, ein Vorgang, der alle Sinne positiv ansprechen sollte. So ist neben dem Geschmack und dem Nährwert auch der optische Eindruck wichtig. Ein ansprechend angerichtetes Gericht auf dem Teller und ein schön gedeckter Tisch sind denn auch Bestandteil des Kursangebotes. Im Vordergrund stehen Rezepte, die von den Kursteilnehmern auch später im eigenen Haushalt oder in der Wohngruppe nachgekocht werden können. 

Der Kurs findet im Kunsthaus Collage Dassel statt.

 

"Computerkurs"

Einführung in Handhabung des Computers, des Betriebssystems, der Standard-programme. Perifere Geräte, Datentransfer und Internet.

   1. Die Arbeitsweise des Computers

   2. Hardware

   3. Umgang mit Windows

   4. Word und Paint

   5. Umgang mit dem Internet

 

"Stadtführer in Leichter Sprache"

Barrierefreiheit ist ein moderner Begriff und bezeichnet die Zugangsmöglichkeit und problemlose Nutzung eines Ortes oder eines Informationsträgers durch behinderte und nicht behinderte Menschen.

In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Dassel habe ich auf Anfrage von Herrn Beyer, Leiter der Harz-Weser-Werkstätten für behinderte Menschen gGmbH in Dassel einen dreigliedrigen Kurs konzipiert.

• Barrierefreiheit im Stadtgebiet Dassel

• Erstellung eines Stadtführers in "Leichter Sprache"

• Ausbildung eines behinderten Menschen als Stadtführer für behinderte Menschen.

 

• Barrierefreiheit im Stadtgebiet Dassel

Gemeinsam mit Beschäftigten der HWW, die Einschränkungen im mobilen Bereich haben, erkundeten wir die Kernstadt und markierten alle Orte, wo Barrieren bestehen. Da das Straßennetz in den letzten Jahren erneuert wurde, fanden wir nur wenige Engpässe und Bordsteinkanten, die für Rollatornutzer und Rollstuhlfahrer ein Hindernis bilden.

Das Ergebnis katalogisierten wir und trugen es der Stadtverwaltung vor. Diese versprach, so lange es dafür noch Fördermittel gibt, die Missstände zu beheben.

Im Zuge der Stadterkundung notierten wir auch den Zugang zu allen öffentlich genutzten Läden, Praxen und Gaststätten usw. Hier zeigte sich, dass durch die alte Bausubstanz eine erhebliche Anzahl von Barrieren bestehen, die auch nicht durch Rampen zu überwinden sind.

Eine Lösung des Problems sieht auch die Stadtverwaltung momentan nicht.

Untersucht wurde ausschließlich, ob es Barrieren für gehbehinderte Menschen gibt. Sehbehinderte wurden nicht berücksichtigt, da es z.Zt. in Dassel dafür keinen Bedarf gibt.

Zur Zeit gibt es auch nur eine behindertengerechte Toilette, die zur Tageszeit zugänglich ist. Der "Behinderten-Toilettenschlüssel", den man bundesweit erwerben kann, passt noch nicht in die bestehene Anlage.

 

• Erstellung eines Stadtführers in "Leichter Sprache"

Mit einer anderen Gruppe von Beschäftigten der HWW arbeiten wir an der Umgestaltung und Vereinfachung des Prospektes der Stadtverwaltung. Dadurch soll der Zugang zur Geschichte der Stadt und seinen Örtlichkeiten erleichtert werden.

"Leichte Sprache" ist keine Kindersprache, sondern eine Sprache, die sich durch über 50 Regeln von der Normalsprache unterscheidet. Dadurch soll der Text sowohl semantisch wie syntaktisch erschlossen werden und die Aufnahme wie das Verständnis erleichtert werden.

Dabei liest jemand der Gruppe den vorgegebenen Text laut vor, wobei bereits eventuelle Schwierigkeiten erkennbar werden. Dann schälen wir die Kernaussage heraus und bilden kurze prägnante Sätze, die den Inhalt vereinfacht wiedergeben. Metaphorische Redewendungen, Fremd- und Lehnwörter, zu lange Wörter und andere werden in direkte Sprache umgesetzt. Redundanzen gestrichen. Ebenso entfallen Einzelheiten, die für das Verständnis nicht unbedingt nötig sind. An anderen Stellen werden erklärende Sätze hinzugefügt.

Piktogramme und Fotos erhöhen an wichtigen Stellen das Verständnis.

Der erarbeitete Text wird digital erfasst und später von mir in ein Layout eingefügt.

Das Ziel ist ein handlicher, gut lesbarer Stadtführer für behinderte und nicht behinderte Menschen. Er sollte bis zum nächsten Jahr, an dem wir 700 Jahre Stadtrechte Dassel feiern, fertig sein.

 

• Ausbildung eines behinderten Menschen als Stadtführer für behinderte Menschen.

In der Zwischenzeit versuchen wir unter den beschäftigten der HWW jemanden zu finden, der Lust hat, sich zum Stadtführer ausbilden zu lassen. Seine spätere Tätigkeit als Stadtführer würde im Rahmen seiner Tätigkeit in der Werkstatt stattfinden. Besuchergruppen von Auswärts würden entweder über die Stadtverwaltung oder direkt bei HWW die Führung buchen. Der Fahrdienst würde dann den Stadtführer zum Treffpunkt bringen und wieder abholen. Ob dies eine völlig eigenständige Führung sein könnte oder immer einer der offiziellen Stadtführer dabei sein müsste, wird sich erweisen.

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Berichterstattung in der Harz-Weser-Rundschau:

 

2009 Exkursion nach Moringen

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2011 Exkursion nach Hannover

 

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2012 Exkursion nach Einbeck